Triax-Leitungen für einen HP 4145B

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JanW
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Triax-Leitungen für einen HP 4145B

Beitrag von JanW »

Hallo zusammen,

ich bin in den Besitz eines gut erhaltenen HP 4145B gekommen. Ein schönes, Gerät, nur der Gehäusedeckel oben fehlt, dafür wurde das empfindliche Diskettenlaufwerk durch einen Floppyemulator ersetzt. Es bootet problemlos, die Selbsttests laufen alle gut durch.

Da der Dynamikbereich der vier SMUs in der Kiste relativ hoch ist, läuft die Verkabelung zur Test fixture (die leider nicht dabei ist) mit 4 Triax-Kabeln, mit Trompeter- bzw. Cinch "Three Lug" Triax-Steckern. "Three Lug" bedeutet, dass die Verriegelung über 3 Nocken, und nicht über 2 wie bei BNC-Steckern läuft. Es gibt entsprechend auch "Two Lug"-Stecker, die man feälschlicherweise wohl auf BNC-Buchsen würgen kann, und durch diesen "unnatural act of mating" (habe ich so bei EEVBlog gelesen :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: ) zerstört.

Die Dinger sind ja scheißenteuer... 40-60 Euros für 1 Stecker, und das Triax-Kabel kostet auch 8 Euro pro Meter.

Nun habe ich bei Farnell einen Triax-Stecker für knapp 16 Euro gefunden, ein Schnäppchen regelrecht, und 4 Stück davon gekauft. Ich habe mir auch ein Belden 9222 Triax-Kabel geleistet, weil das angeblich passen soll. Es handelt sich um den Typ PL75-29, siehe hier: https://de.farnell.com/trompeter-cinch- ... dp/1608602

De facto kriegt man den Stecker nicht auf dieses Kabel montiert. Es handelt sich um ein Triax-Kabel mit konzentrischem Aufbau, also wie ein normmales Koaxkabel mit einem zusätzlichen isolierten Innenschirm, den man als zweiten Signalleiter verwendet.
Der Stecker braucht jedoch ein Kabel mit anderem Aufbau, dieses muss zwei separate Litzen als Innenleiter haben, die von einem gemeinsamen Schirmgeflecht umgeben sind.

Kennt ihr einen passenden Kabeltyp? Im Grunde ist das wie ein Standard-Mikrofonkabel - zwei Innenleiter und ein Schirm. Der Außendurchmesser liegt jedoch bei ca. 4,5-5 mm. Ist euch da ein passendes Produkt geläufig?

Beste Grüße

Jan
73 de DL3JCW
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dh7dn
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Re: Triax-Leitungen für einen HP 4145B

Beitrag von dh7dn »

Hey Jan,

herzlichen Glückwunsch zum HP 4145B! Ein echt tolles Messinstrument für die Untersuchung von Halbleiter-Parametern (*habenwill*) :mrgreen:

Ich habe eine Keithley 236 SMU und das gleiche Problem wie du: das Messinstrument allein (ohne die Triaxial-Kabel und einer Fixture) steht einfach nur dumm herum :cry: Ich war mit dem Kauf der SMU ein wenig naiv und bin in einen SMU-Rabbithole geraten - die Sache mit den Triax-Kabeln ist nicht so trivial. Kann leider nur für die Keithley-SMU Triax-Kabel sprechen, wird sich aber auch auf andere SMUs anwenden lassen...

Nun ja, ich habe ähnlich wie du recherchiert, wie man an bezahlbare und DIY Triaxial-Kabel kommt. Ich wurde schnell enttäuscht, denn die Performance des Messgeräts hängt sehr stark von der Kabelqualität ab. Und gute Triaxial-Kabel sind sehr teuer (Neupreis in der Größenordnung von 300-500 EUR pro Kabel). Fällt nicht ins Gewicht bei einer 15k-25k EUR teuren SMU.

Die Keithley SMU-Kabel sind konfektioniert und aus Materialien gefertigt, die einerseits sehr geringe Leckströme haben (im Bereich von wenigen pA bzw. fA) und andererseits die Triboelektrizität durch eine Art Graphit-Gleitschicht zwischen Mantel/Schirmung reduzieren. Triboelektrizität bzw. Reibungselektrizität ist ein Effekt, der Ladungen bei Reibung bzw. Bewegung des Kabels auftritt.

Die zweite Herausforderung bei diesen Kabeln ist die Konfektionierung: wenn man beim Zusammenbau des Kabels nicht sauber arbeitet und beispielsweise Schmutz wie Fett/Schweiß durch Fingerabdrücke in die Kabelkonstruktion einbringt, degradiert das die Performance des Kabels extrem. Deshalb muss man beim Zusammenbau sehr sauber arbeiten und die Kabel ggf. mit frischen Lösungsmittel (z. B. Methanol oder Dichlormethan für all die DCM-Liebhaber) mehrmals spülen. Die von Keithley verwendeten Tri-Lug-Stecker benötigen ein spezielles Crimp-Werkzeug (vermutlich will man Triax-Kabel nicht löten wegen der Kontaminationsgefahr durch das Flussmittel).


Also das Thema interessiert mich auch. Auf jeden Fall kann ich hier meine Bemühungen zusammenfassen...
Marco Reps hat hierzu ein echt gutes Video veröffentlicht: https://www.youtube.com/watch?v=SIUgVYzFdQ0&t=262s
In seinem Video nutzt er einen relativ günstigen Twinax-Stecker (PL75-9) von Trompeter, welcher kein Crimp-Werkzeug benötigt. Es kommt halt wirklich auf deine Anwendung drauf an - brauchst du die pA-Auflösung oder bewegst du dich eher im nA/µA-Bereich?

- Die Belden 9222 Kabel scheinen eine gute Performance zu haben. Ich glaube, das Problem bei dem Kabel war dann eher der Kabeldurchmesser - da müsstest du darauf achten, ob 9222 in den Trompeter-Stecker rein passt.
- Triax-Kabel made in China (z. B. auf eBay) haben eine etwas schlechtere Performance als "echte" Keithley-Kabel. Müsste nachforschen wo wir mal einen Vergleich gemacht haben. Ich meine, original-Keithley Triax hätten ~40 pA leakage im Kurzschlussfall, die China-Keithleys >>100 pA (?)
- Triaxial-Kabel sind in der Videotechnik oft anzutreffen. Ich habe mir ein 20 Meter langes Triaxial-Kabel relativ günstig gekauft, allerdings ist der Kabeldurchmesser für den Trompeter-Stecker zu klein. Am Triax-Kabel waren Lemo-Stecker verbaut, konnte aber leider nix damit anfangen, können also abgeknipst werden. Es wäre aber eine denkbare und günstige Bastellösung für eine Fixture, wo man eh 3 Triax-Kabel dafür benötigt. Das Video-Kabel selbst besteht aus Teflonmaterial (eBay 370351034399)
- Triax-auf-BNC Adapter existieren, aber damit kann man keine ernst gemeinten Messungen mit einer SMU machen :mrgreen:

Soviel Halbwissen bis hierhin, ich werde wieder alles neu recherchieren müssen :lol: Martin hat mir vor einer Weile paar sehr gute (original) Stecker für den Bau einer Fixture zugeschickt. Das Projekt um die SMU-Fixture ist noch nicht vom Tisch :mrgreen:
vy 73 de Denis (DH7DN)
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dh7dn
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Re: Triax-Leitungen für einen HP 4145B

Beitrag von dh7dn »

Mit dem China-Keithley-Triax (3-Slot auf Krokoklemme) konnte ich ca. 40-60 pA @42 V messen. Ein Bekannter von mir hatte ein original Keithley 7078-TRX Triaxial-Kabel. Er konnte 400 fA @110 V messen, also um etwa 2 Größenordnungen kleinere Leckströme als mit dem China-Kabel.

DIY-Kabel kosten um die 50 EUR pro Stück (2x ~20 EUR pro Stecker und ~10 EUR fürs Kabel), sind aber in der Performance etwa 2-3 Größenordnungen schlechter als die kommerziell erhältlichen Keithley-Kabel (300 EUR/Stück, 10^13 Ohm Isolationswiderstand)

Wie es scheint, müsste ein gutes Triax-Kabel im Bereich von < 0,5 pA landen. Für Messungen sollten 1 pA ausreichend sein. >20 pA ist eher mittelmäßig bis schlecht. Trompeter PL75-9 funktioniert leider nicht mit dem Belden 9222 (Außendurchmesser passt nicht zum Stecker)
vy 73 de Denis (DH7DN)
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JanW
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Re: Triax-Leitungen für einen HP 4145B

Beitrag von JanW »

Hallo Denis,

Vielen Dank für Deine ausführlichen Antworten. Ich muss ehrlich sein - im engeren Sinne "brauche" ich diesen Dynamikbereich nicht. Aber es stört den inneren Perfektionisten, wenn man teures Material zur Hand nimmt und dann am Ende nur Gekorkse dabei rumkommt.

Ich denke, dass die von mir gekauften PL75-29-Stecker für den MIL-STD 1553B-Bus sind, dessen Kabel im Grunde ein abgeschirmtes Twisted Pair ist, welches sich ziemlich dünn fertigen lässt. Das Kabel zu beschaffen, wird nicht viel bringen, denn es scheint nicht auf minmalen Leckstrom optimiert zu sein, da es sich um einen seriellen Datenbus mit gerade einmal 1 MBit handelt, und dieser Parameter in der Anwendung keine große Bedeutung hat.

Ich überlege, das Steckergehäuse auszubohren um so das Belden 9222 einführen zu können. 50-90 € pro Stecker kann ich einfach nicht rechtfertigen.

Ich werde berichten, wenn ich mich daran begebe.

Grüße

Jan
73 de DL3JCW
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