Tektronix 547 delayed sweep

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zipperlein
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Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von zipperlein »

Hallo,
über die Feiertage wollte ich die komplette Kalibrierung nach Manual durchführen an meinem Tek 547, von dem hier schon die Rede war (Stichwort: Kurzschluss innerhalb der CRT, erfolgreich behoben).

Folgendes Problem ist aufgetaucht:
In den delayed sweep Betriebsarten ist bei schnellen Timing-Kombinationen der beiden Zeitbasen die Funktion gestört, der hellgetastete Bereich von Zeitbasis A lässt sich dann durch das Verzögerungs-10-Gangpoti nur noch ca. 20% nach rechts verschieben und bleibt dann beim Weiterdrehen scheinbar hängen.

Dies passiert nur, wenn Zeitbasis A auf 0,1us eingestellt ist und Zeitbasis B auf 5us oder schneller.
Zeitbasis B 10us aufwärts funktioniert alles.
Es funktioniert auch alles, wenn Zeitbasis A auf 0,2us aufwärts steht, Zeitbasis B 0,5-2us funktioniert dann auch bspw.

Das oben gesagte gilt für die (normale) Betriebsart, bei der Zeitbasis A nicht getriggert, sondern gegated wird - der hellgetastete Bereich soll dann stufenlos mit dem 10-Gang-Poti verschiebar sein.
Wenn Zeitbasis A zusätzlich getriggert wird - der hellgetastete Bereich ist dann in Spüngen mit dem 10-Gang-Poti verschiebar - funktioniert alles wie es soll bis herunter zu 0,1us - der Fehler ist also in dieser getriggerten Betriebsart nicht vorhanden.

Nach einiger Zeit erfolgloser Fehlersuche (hauptsächlich in der Baugrupper trigger pick off) habe ich noch gemerkt, dass der Fehler auch nicht vorhanden ist, wenn das Gerät kalt ist (mehrere Stunden oder über Nacht), er tritt erst nach ca. 2-3 Minuten Warmlaufen ein.

Der Fehler wäre mir wahscheinlich nie aufgefallen, weil ich die genannten fehlerhaften Timing-Kombinationen wohl nie benutzt hätte, aber gerade diese werden in der Kalibrierungsvorschrift verlangt.

Ich bin für jegliche Tips und Hilfestellung zur weitern Fehleranalyse-und Behebung dankbar.

Stefan
zipperlein
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Re: Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von zipperlein »

Hallo,
die Ursache für das geschilderte Problem wurde gefunden und das Problem behoben.

Die Ursache war Röhre V345 (Holdoff-Multivibrator), durch Zufall habe ich herausgefunden, das sich das Fehlerbild ändert, wenn man diese Röhre auswechselt. Zuerst ersetzte ich sie durch eine NOS Siemens E88CC, da war der Fehler verschwunden - original war eine Philips 6DJ8/ECC88 drin.

Da ich zuerst die E88CC nicht im Gerät belassen wollte, habe ich noch probiert
- eine Mullard ECC88, gebraucht, unbekanntes Alter, aber gute Emmission -> Fehlerbild hat sich verschlechtert, man sieht jetzt Rücklauflinien über die ganze CRT
- eine NOS AEG ECC88 -> Fehlerbild wie Originalröhre
- eine gebrauchte Hiwatt E88CC -> Fehlerbild wie Originalröhre

Mit der Siemens-Röhre habe ich offensichtlich genau die passende Röhre gefunden und werde sie im Gerät belassen.
Meine Schlussfolgerung ist, dass für Zeitbasis A offensichtlich besondere Anforderungen an V345 gestellt werden, wenn man im delayed-Betrieb 0,1us für Zeitbasis A verwenden will.

Stefan
JanW
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Re: Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von JanW »

Meinst Du wirklich, dass das der Fehler ist? Ich glaube, dass irgendein passives Bauteil gedriftet ist und deswegen nur diese Röhre in dieser Position durch Zufall funktioniert. Das ist aber - um ehrlich zu sein - auch nur geraten . . . Ist die 6DJ8 denn als besonders selektiert im Manual gekennzeichnet?


Gruß,

Jan
73 de DL3JCW
zipperlein
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Re: Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von zipperlein »

Hallo Jan,
genau diese Gedanken habe ich mir auch gemacht, aber trotz Suche keine gedrifteten oder sonstwie schadhaften Bauteiel in der Umgebung von V345 gefunden.
V345 ist im Manual nicht als besonders selektiert ausgewiesen.
Ich bin mit der jetzigen Situation auch nicht ganz zufrieden, und werde die Suche diesbezüglich noch fortsetzen, kann aber eine Weile dauern, da mein Urlaub gestern zuende ging.

Andererseits:
Die A-Holdoff-Funktion, die V345 bewirkt, wir auch in im Normal-(nicht delayed)Betrieb verwendet und ist hier vollkommen unauffällig, auch bei 0,1us (wo im delayed-Betrieb der Fehler ausschliesslich auftritt)
Wenn ein passives Bauelement gedriftet oder sonstwie defekt ist, müsste sich das nicht auch hier bemerkbar machen?

Interessant wäre es, mal bezüglich des Fehlerbildes die Erfahrungen anderer 547-Betrieber zu erfahren.

Ich werde in der Sache noch weiter forschen und muss dann vielleicht meine Fehlerbehebung nochmal revidieren.

Stefan
Zuletzt geändert von zipperlein am 22 Mär 2020, 01:05, insgesamt 1-mal geändert.
zipperlein
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Re: Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von zipperlein »

Hallo allerseits,
zu diesem Thema gibt es gute Neuigkeiten:
Das Tektronix 547, von dem hier die Rede ist, ist jetzt voll funktionsfähig und liess sich nach Manual einwandfrei kalibrieren.
Ein wunderschönes Gerät, super Funktionalität und Ergonomie - eine Freude damit zu arbeiten.

Um dahin zu kommen, hat es allerdings eine Weile gedauert, es waren einige Reparaturen von "Kleinigkeiten" notwendig, deren Ursache ich erstmal finden musste. Kurze Zusammenfassung des Ergebnisses:
Das Gerät arbeitet jetzt fehlerfrei - soweit ich feststellen kann -, und der ursprünglich hier beschriebene Fehler, nämlich dass der delayed sweep in den schnellsten Timingeinstellungen nicht (bzw. nur mit einer speziell ausgesuchtenRöhre) funktionierte, ist auch verschwunden.

In weiteren Beiträgen habe ich vor die einzelnen Reparaturschritte hier detailiert zu beschreiben.

Gruss

Stefan
zipperlein
Beiträge: 21
Registriert: 09 Dez 2018, 21:28

Re: Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von zipperlein »

die Ausgangssituation war die:
Der delayed sweep funktionierte nicht für die schnellen timig-Einstellungen
Ich hatte das Problem zunächst behoben, indem ich für die holdoff-Röhre V345 statt der vorhandenen (unauffälligen) Philips 6DJ8/ECC88 eine NOS Siemens E88CC (nur diese eine funktionierte) einsetzte. Ich war mit dieser Lösung aber nicht ganz zufrieden, denn: das hat den eigentlichen Fehler nur kaschiert, wie auch ein Beitrag des Forummitglieds JanW bemerkte.

1. Reparaturschritt - 2N2207/AF118 Transistoren

Ich sah mir also alle Bauteile in der Umgebung des holdoff-Multivibrators nochmal an, Ergenis: null. Ich erweiterte den Suchradius, und kam dazu, den Transistor Q424 im delay pickoff-Generator nochmal mit dem Kennlinienschreiber 575 zu testen. Dies ist ganz am Anfang schon einmal geschehen, mit scheinbar positivem Ergebnis, denn ich hatte zuerst den delay pickoff-Generator in Verdacht, den Fehler zu verursachen.

Siehe da: Wenn man den Transistor längerauf dem Kurvenschreiber lässt, ziehen sich die Kennlinien auseinander, als würde sich der Kollektorstrom für den (pro Kennlinie) festen Basisstrom mit der Zeit erhöhen. Dies war mir im früheren Test nicht aufgefallen, da ich den Transistor damals nicht lange genug auf dem Kurvenschreiber hatte.
Beim Q424 handelt es sich laut Schaltplan um einen 2N2207, und es gibt 6 Stück davon in meiner Version des 547, sie sind hier - offensichtlich schon in der Fabrik in Heerenveen - durch AF118 ersetzt. Ich habe alle 6 AF118 getested, Ergebnis: 2 weitere zeigen denselben Fehler, z. T. noch schlimmer, 3 sind in Ordung.
Jetzt ist das mit dem 2N2207/AF118 so eine Sache, es gibt sehr informative Threads im tekscopes/groups.io Forum darüber: Es handelt sich um einen Germaniumtransistor mit ungwöhnlich hoher Spannungsfestigkeit und sehr niedriger Kapazität, offensichtlich ist der AF118 der einzige vollwerige Ersatz für den 2N2207. Laut tekscopes sind die 3 der im 547 unblanking verbauten 2N2207/AF118 so kritisch, dass es keinen modernen Ersatz ohne weitere Schaltungsänderungen gibt.
Gut, ich hatte noch 3 gute AF118, man bekommt 2N2207 und auch AF118 noch NOS, sind aber teuer. Ich habe glücklicherweise folgendes herausgefunden: Ab einer Seriennummer von über ca. 12000 wird im 547 für Q424 und 2 weitere in der Treiberstufe des Y-Verstärkers je ein 2N4850 verwendet - ohne weitere Schaltungsänderungen. Die 3 2N2207/AF118 im unblanking Teil hat Tektronix wohweisslich auch in den hohen Seriennummern belassen.
Meine Lösung sah folgendermassen aus: Ich habe 3 2N4850 bestellt - zu einem Bruchteil des Preises für 2N2207/AF118 - und schöne Texas Instruments NOS Ware erhalten. Das Paar mit gut übereinstimmenden Stromverstärkungen kommt in den Y-Verstärker, der übriggebliebene wird Q424, und meine 3 heilen AF118 kommen in den unblanking Teil.
Gesagt - getan: An den Funktionen des Scopes sind keine unmittelbaren Verbesserungen zu erkennen, und der eigenliche Fehler ist damit nicht behoben!
Ergebnis soweit: 3 Transistoren mit seltsamen Defekt gefunden, Austausch hat aber keine Auswirkungen auf eigentlichen Fehler.
More to come ...

Gruss

Stefan
Oscillar1
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Re: Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von Oscillar1 »

Hallo,

AF118 gibt es massenweise auf Steckfassungen in den alten Philips 10MHz Oszilloskopen PM 3233 u.ä. Und zwar die kleine bekannte Bauform TO72 mit dreieckiger Anschlussdrahtausrichtung.
Davor gibt es noch die AF118 Uraltversion TO7 in so einem dicken Gehäuse mit 4 Anschlussdrähten - alle auf einer Linie. Bei diesen Typen gibt es auch welche die "Whisker" ausbilden. Also die Zinnnadeln innen ausbilden die Kurz/Feinschlüsse machen können.

Gruss
Debo
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Matt
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Registriert: 08 Dez 2018, 19:41

Re: Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von Matt »

Ja, AF118 gab auch in T072 ähnliche Bauform mit 4 Beine.
Das habe ich mehre Stück hier. Der hat auch nicht Problem mit Whisker.

Mir ist AF118 und Whisker unangenehm in Erinnerung, denn ich hatte in 547 Wackler in Horizontialverstärker gehabt und wackelt an ihm und bekam Stromschlag. (Normalweise sollte nicht sein, ist dank Whisker "möglich" )

Grüss
Matt
chronos42
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Re: Tektronix 547 delayed sweep

Beitrag von chronos42 »

Das ist einer der Gründe, warum ich seit längerer Zeit grundsätzlich dünne, spezielle Stoffhandschuhe trage bei allen Reparaturen und anderen Arbeiten an elektronischen Geräten. Verhindert Fingerabdrücke auf Leiterplatten und Bauelementen, Stromschläge, Schnittverletzungen, Verbrennungen, usw. Sowohl ich als auch das Gerät haben einen Vorteil davon. Diese Handschuhe aus japanischer Produktion bekommt man für wenig Geld, ich habe mir auf dem Flohmarkt der HAM Radio in Friedrichshafen (Oder war es auf der UKW Tagung in Weinheim?) vor Jahren einige 10er-Packungen davon zugeleget und kann mir heute nicht mehr vorstellen dass ich die nicht benutze. Die Dinger halten ewig bei normaler Nutzung.
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