Fragwürdige Schaltungsdesigns
Verfasst: 16 Jan 2021, 15:44
Hallo zusammen,
vielleicht sollten wir mal eine Serie starten über seltsame, wenn nicht sogar bescheuerte, Schaltungen. Auch große Hersteller haben manchmal fragwürdige Schaltungen erdacht.
Nun kann es sein, dass die Schaltung wirklich idiotisch ist, es kann aber auch sein, dass man sie selbst nur nicht verstanden hat.
Um das mal anhand von Beispielen zu diskutieren fange ich mal mit einem entspechenden Beispiel an.
Hier etwas aus einem Netzteil eines Fluke Combiscopes (PM33XXB Serie), also eine typische Philips Schaltung.
Der Schaltplanausschnitt zeigt den Primär-Schaltwandler. Eine typische Philips-Schaltung mit Thyristor Thetrode. Das funktioniert soweit ganz gut, das Funktionsprinzip ist ebenfalls nichts besonderes, ein Schaltwandler bei dem der maximale Strom durch die Primärwicklung des Wandlertrafos abhängig von der Last und der Ausgangsspannung der Sekundärseite geregelt wird.
Schauen wir uns das mal an: Der Stromsensor besteht aus R1023, R1024 und R1026, zusammen 0,33Ohm. Über eine Filterschaltung wird der Thyristor so angesteuert, dass er den Leistungsschalter V1019 abschaltet, wenn ein bestimmter Strom überschritten wird. Den Abschaltpunkt bestimmt die Regelschaltung auf der Sekundärseite, welche über den Optokoppler die Abschaltung steuert. Eine Standardschaltung, nichts besonderes.
Aber da lauert eine böse Falle im Fehlerfall.
Neben vielen anderen Defekten, die ich nach und nach beseitigte, fiel bei meinem Gerät während der Reparatur V1019 aus, Kuzschluss über alle Anschlüsse. Ok, kann passieren, der Transistor war wegen einigen Überlastungen auf der Sekundärseite vermutlich vorgeschädigt, der Vorbesitzter hat da erfolglos daran herumgebastelt und das Gerät dann verEBAYt.
In so einem Fall muss man immer damit rechnen dass der Transistor noch andere Bauteile mit in den Tod gerissen hat, das ist ebenfalls noch nichts besonderes. Der Kurzschluss verursacht sowohl einen sehr großen Stromimpuls über die drei Strommesswiderstände, zum anderen kann auch der Treiber V1016 zerstört worden sein. Deswegen habe ich alles in der Umgebung von V1019 überprüft bevor ein neuer Transistor reinkommt und das Gerät eingeschaltet wird. V1016 hat überlebt. Bei den Strommesswiderständen bestand der Verdacht, dass sie hochohmig geworden sind. Das war aber nicht so, hier waren jetzt 0 Ohm zu messen statt 0,33. Was??
Klar, V1023, eine 500mW Zenerdiode mit 3V Zenerspannung. Die hatte einen Schluss. Logisch, die hat den durch den Stromimpuls entstandenen Spannungspeak auf 3V begerenzen wollen und wurde dabei zerstört. Hätte ich das nicht bemerkt und nur den Transistor getauscht, wären die Folgen katastrophal gewesen. Da hier keinerlei Feedback von der Strommessung gekommen wäre hätte sich der Strom solange weiter aufgebaut bis der Übertrager in der Sättigung gewesen wäre. Innerhalb kürzester Zeit wäre der neuer Schalttransistor wieder zerstört gewesen.
Nun stellt sich für mich die Frage: Was soll diese Zenerdidode da eigentlich? Das ist doch völliger Blödsinn. Was soll die begrenzen? Wenn da mehr als 3 V an den Widerständen abfallen fließen schon 9(!!) Ampere Spitzenstrom durch die Widerstände, was soll eine kleine 0,5Watt Zenerdiode da noch weiter begrenzen? Ok, vielleicht gab es kurze peaks durch Leitungsinduktivitäten an der Stelle, die sie hätte abfangen sollen. Das kann ich mir aber nicht so recht vorstellen, da sie direkt bei den Widerständen eingebaut ist. Zudem ist der differentielle Innenwiderstand dieser Diode um Dekaden größer als die 0,33 Ohm der Widerstände.
Ich weiß wirklich nicht was sich die Entwickler hier gedacht haben, das macht für mich keinerlei Sinn. Kann mich jemand davon überzeugen dass die Philips-Entwickler hier alles richtig gemacht haben?
Ah ja, noch als kleine Zugabe: Wer die Funktion der Bauteile V1018, V1021, V1022, C1018, C1021, und L1106 versteht ohne das Manual gelesen zu haben, der hat sich meinen gößten Respekt verdient! Ja, das ist eine tatsächlich klevere Schaltung, aber ohne Beschreibung im Manual wäre ich da nicht so schnell drauf gekommen, was das soll. (Falls überhaupt)
vielleicht sollten wir mal eine Serie starten über seltsame, wenn nicht sogar bescheuerte, Schaltungen. Auch große Hersteller haben manchmal fragwürdige Schaltungen erdacht.
Nun kann es sein, dass die Schaltung wirklich idiotisch ist, es kann aber auch sein, dass man sie selbst nur nicht verstanden hat.
Um das mal anhand von Beispielen zu diskutieren fange ich mal mit einem entspechenden Beispiel an.
Hier etwas aus einem Netzteil eines Fluke Combiscopes (PM33XXB Serie), also eine typische Philips Schaltung.
Der Schaltplanausschnitt zeigt den Primär-Schaltwandler. Eine typische Philips-Schaltung mit Thyristor Thetrode. Das funktioniert soweit ganz gut, das Funktionsprinzip ist ebenfalls nichts besonderes, ein Schaltwandler bei dem der maximale Strom durch die Primärwicklung des Wandlertrafos abhängig von der Last und der Ausgangsspannung der Sekundärseite geregelt wird.
Schauen wir uns das mal an: Der Stromsensor besteht aus R1023, R1024 und R1026, zusammen 0,33Ohm. Über eine Filterschaltung wird der Thyristor so angesteuert, dass er den Leistungsschalter V1019 abschaltet, wenn ein bestimmter Strom überschritten wird. Den Abschaltpunkt bestimmt die Regelschaltung auf der Sekundärseite, welche über den Optokoppler die Abschaltung steuert. Eine Standardschaltung, nichts besonderes.
Aber da lauert eine böse Falle im Fehlerfall.
Neben vielen anderen Defekten, die ich nach und nach beseitigte, fiel bei meinem Gerät während der Reparatur V1019 aus, Kuzschluss über alle Anschlüsse. Ok, kann passieren, der Transistor war wegen einigen Überlastungen auf der Sekundärseite vermutlich vorgeschädigt, der Vorbesitzter hat da erfolglos daran herumgebastelt und das Gerät dann verEBAYt.
In so einem Fall muss man immer damit rechnen dass der Transistor noch andere Bauteile mit in den Tod gerissen hat, das ist ebenfalls noch nichts besonderes. Der Kurzschluss verursacht sowohl einen sehr großen Stromimpuls über die drei Strommesswiderstände, zum anderen kann auch der Treiber V1016 zerstört worden sein. Deswegen habe ich alles in der Umgebung von V1019 überprüft bevor ein neuer Transistor reinkommt und das Gerät eingeschaltet wird. V1016 hat überlebt. Bei den Strommesswiderständen bestand der Verdacht, dass sie hochohmig geworden sind. Das war aber nicht so, hier waren jetzt 0 Ohm zu messen statt 0,33. Was??
Klar, V1023, eine 500mW Zenerdiode mit 3V Zenerspannung. Die hatte einen Schluss. Logisch, die hat den durch den Stromimpuls entstandenen Spannungspeak auf 3V begerenzen wollen und wurde dabei zerstört. Hätte ich das nicht bemerkt und nur den Transistor getauscht, wären die Folgen katastrophal gewesen. Da hier keinerlei Feedback von der Strommessung gekommen wäre hätte sich der Strom solange weiter aufgebaut bis der Übertrager in der Sättigung gewesen wäre. Innerhalb kürzester Zeit wäre der neuer Schalttransistor wieder zerstört gewesen.
Nun stellt sich für mich die Frage: Was soll diese Zenerdidode da eigentlich? Das ist doch völliger Blödsinn. Was soll die begrenzen? Wenn da mehr als 3 V an den Widerständen abfallen fließen schon 9(!!) Ampere Spitzenstrom durch die Widerstände, was soll eine kleine 0,5Watt Zenerdiode da noch weiter begrenzen? Ok, vielleicht gab es kurze peaks durch Leitungsinduktivitäten an der Stelle, die sie hätte abfangen sollen. Das kann ich mir aber nicht so recht vorstellen, da sie direkt bei den Widerständen eingebaut ist. Zudem ist der differentielle Innenwiderstand dieser Diode um Dekaden größer als die 0,33 Ohm der Widerstände.
Ich weiß wirklich nicht was sich die Entwickler hier gedacht haben, das macht für mich keinerlei Sinn. Kann mich jemand davon überzeugen dass die Philips-Entwickler hier alles richtig gemacht haben?
Ah ja, noch als kleine Zugabe: Wer die Funktion der Bauteile V1018, V1021, V1022, C1018, C1021, und L1106 versteht ohne das Manual gelesen zu haben, der hat sich meinen gößten Respekt verdient! Ja, das ist eine tatsächlich klevere Schaltung, aber ohne Beschreibung im Manual wäre ich da nicht so schnell drauf gekommen, was das soll. (Falls überhaupt)