Carlson Leakage Tester

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chronos42
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Carlson Leakage Tester

Beitrag von chronos42 »

Dieses Projekt hat eine kleine Ewigkeit gedauert.

Es geht um den Kondensator Leckstrom Tester, eine Entwicklung des bekannten Youtubers Mr. Carlson. Die Schaltung und alle anderen Informationen bekommt man, wenn man einen kleinen Patreon-Beitrag bezahlt, was für mich in Ordnung ist.

Ich habe die Originalschaltung etwas erweitert, so dass zusätzlich zur Standardtestpannung (29.5V) auch Testspannungen von 5 und 15V bereitstehen, wichtig für Elkos und Tantals mit kleiner Spannungsfestigkeit. Den Schaltplan habe ich nach EAGLE importiert und dabei komplett neu gestaltet, so dass er auch struktuiert aufgebaut ist, Signalfluß immer von links nacht rechts. Der Originalschaltplan ist meiner Meinung nach etwas, hmm, kreativ....
Es ist die Dual-Led Version mit dem abgleichbaren Forecast. Das Layout wurde ebenfalls mit Eagle erstellt, im Gegensatz zum Original ist das eine echte doppellagige Leiterplatte mit VIAs und großer Massefläche. Alle Potis befinden sich auf der Rückseite, so dass das Gerät einfach abzugleichen ist. Die Leiterplatte wurde bei AISLER gefertigt.
Das Ganze hat auch deswegen so lange gedauert, weil eine Menge exotischer Bauteile besorgt werden musste, das unterschätzt man erst mal erheblich, genau so wie die Kosten. 82Megohm und 10 GOhm Widerstände sind nicht so einfach zu bekommen, auch der sehr spezielle ON-ON-ON Schalter nicht. Das Material kam fast ausschließlich von Mouser und TME, das Gehäuse von Pollin, mit teilweise monatelanger Lieferverzögerung.

Jetzt habe ich endlich den ersten Prototypen aufgebaut, zu meiner Überaschung ging (fast) nichts schief, der Tester funktionierte beim ersten Einschalten. Kein Fehler im Schaltplan, kein Fehler im Layout. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht beim ersten Prototypen jedes einzelne Bauteil vor dem Bestücken zu überprüfen, um diesbezüglich alle Fehler auszuschließen. Dabei kam tatsächlich ein fehlerhaftes smd Trimmpoti zum Vorschein, welches statt 1kOhm 3.8kOhm hatte. Das nächste, aus der selben Verpackung, war in Ordnung. Danke, Vishay...
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Wusel
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Re: Carlson Leakage Tester

Beitrag von Wusel »

Hallo chronos42,

danke für den Bericht. Dieses magische Teil hat mich ja schon länger interessiert und ich werde mich für Details auch bei Patreon anmelden, wenn ich es aufbauen will.

Das mit der Bauteilbeschaffung könnte mich etwas hindern aber ich nehme an, es liegt nicht an Deinen Modifikationen sondern es ist auch schon in der Originalversion wegen der Widerstandswerte nicht so einfach oder?

Ob ich allerdings auf das Herstellen einer eigenen Platine Lust habe, weiß ich noch nicht. Ist denn die Schaltung für SMD ausgelegt oder ließe sich das auch konventionell auf einer guten Lochrasterplatine aufbauen ohne Abstriche an der Genauigkeit in Kauf zu nehmen?

Allerdings musste ich doch ein wenig schmunzeln, dass man etwas noch strukturierter aufbauen kann als Mr. Carlson. :lol: Aber vielleicht schaue ich einfach auch nur zu viele gruselige YouTube Videos mit Elektrogewusel.

Wie hat sich das Teil denn bisher in der Praxis bewährt?

Viele Grüße
Wusel
chronos42
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Re: Carlson Leakage Tester (Update)

Beitrag von chronos42 »

Das Teil ist in der Praxis wirklich so gut wie von Mr. Carlson beschrieben, es ist ein wirklich hilfreiches Tool. Bis jetzt habe ich einige ältere Elkos mit zu hohem Leckstrom idendifiziert und entsorgt. Da ich nichts mit Vintage-Geräten mache stehen mir leider keine alten Papierkondensatoren zur Verfügung, mit denen ich mal experiementieren könnte.

Das erste gebaute Gerät hat die Kalibrierwiderstände (4 X 10GOhm) eingebaut, so dass man diese einfach nach Öffnen des Gehäuses anklemmen kann und dann das Gerät so abgleicht, dass bei diesem Widerstand genau die erste LED im empfindlichsten Bereich leuchtet. Hat beim ersten mal nicht funktioniert, entgegen meiner optimistischen Aussage (keine Fehler) war doch ein leicht zu übersehender, kleiner Fehler im Schaltplan und somit auch im Layout, was die Empfindlichkeit reduzierte. Lies sich zu Glück mit 1cm Fädeldraht korrigieren.

Mir gefällt mein Layout besser als das Original, aber das Original kann man selbst herstellen, meines echt doppelseitiges Layout kommt von einem professionellen Fertiger.

Ich habe pro doppelseitiger Leiterplatte ca. 10 Euro pro Board bezahlt, Mindestliefermenge bei Aisler sind 3 Stück. Mit der Leiterplattenqualität bin ich sehr zufrieden. Für das Geld lohnt es sich absolut nicht, sich seine Leiterplatte selbst zu machen, das ist heutzutage absoluter Quatsch. Warum soll ich mir einen amateurhaften Stuss zusammenätzen, wenn man für das wenige Geld eine doppelseitige Leiterplatte mit richtigen Durchkontaktierungen bekommt. Das Gerät ist auf SMD Bauteile ausgelegt und auf Lochraster vermutlich nicht besonders gut zu realiseren. Ich habe es auf einer 2-Layer Leiterplatte vollständig in smd aufgebaut, wobei ein Layer überwiegend als Masselayer dient. Man muss auch beachten dass hier Leckströme eine große Rolle spielen und die Qualität des Nachbaus sehr beeinflussen.

Es gibt mehrere Varianten von dem Tester, ich habe die Dual-Led Variante gewählt, d.h. der Tester benutzt zwei Messbereiche mit unterschiedlichen LED-Farben, welche automatisch umgeschaltet werden, zudem ist es die Variante mit abgleichbarem 50Gohm Anzeigebereich. Das ist die aufwendigste Variante.

Funktionen dieser Variante:

Rote LED Reihe = unempfindlicher Bereich mit hohem Strom durch den Kondensator.
Gelbe LED Reihe = Hochempfindlicher Bereich, selbst 50Gohm Parallelwiderstand im Kondensator werden noch angezeigt.

Es gibt zudem drei vorwählbate Bereiche: Elko, Papier/Folienkondensatoren und ein extrem sensibler Forecast Modus.
Ich habe noch die Spannungen einstellbar gemacht: 29V (standard), 15V und 5V für Elkos und Tantalkondensatoren.
Der Hauptschalter hat die Funktionen: Testen, aus, entladen.

Zwei weitere LEDs (rot, grün) zeigen zudem, neben dem LED Band, den Zustand Leck oder Ladestrom fließt (rot) und Leck/Ladestrom unterhalb der eingestellten Schwelle (grün).

Die Probleme mit der Bauteilebeschaffung liegen nicht an meinen Modifikationen, das ist nur ein Schalter und zwei Zenerdioden und ein zusatzlicher Heizwiderstand, um eine Temperaturdrift zu minimieren. Zudem habe ich die LEDs anders eingebaut als beim original Tester, linke LED minimaler Reststrom, rechte LED max. Reststrom. Mr. Carlson hat es umgekehrt gemacht und sieht die Anzeige als Widerstandsanzeige, nicht als Stromanzeige. Naja, kann man auch so sehen, ich mag es anders herum.

Es sind wirklich einige recht exotische Teile verbaut im Original. Dazu gehören einige sehr hochohmige Widerstände, zumindest ein Schalter und zwei Transistoren, die nicht so einfach zu beschaffen sind. Es waren die Widerstände und der Spezialschalter, welche enorme Lieferzeiten hatten.

Die interne Stromversorgung habe mit einem Boost-Converter gemacht, welche man für ca. 1,50 Euro bei Amazon bekommt. Das ist wegen der hohen Versorgungsspannung (29,5V) notwendig. Versorgt wird das Gerät extern, Akkus oder Batterien habe ich nicht eingebaut. Zur Versorgung nimmt man am besten ein Linearnetzteil, das kann sogar unstabilisiert sein, die Spannung sollte zwischen 8..16V liegen, der Converter regelt das aus. Es geht auch mit beliebigen Schaltnetzteilen, allerdings stören manche etwas den empfindlichsten Bereich wenn man die Messleitungen berührt. Die Leistungsaufnahme liegt bei max. 3Watt, incl. Boost-Converter.

Eine zweite Leiterplatte habe ich mit dem restlichen Material noch bestückt und baue sie demnächst in ein noch vorhandenes Gehäuse ein. Die sauteuren Kalibrierwiderstände sind da aber nicht bestückt, dazu nehme ich das erste Gerät. Werde es demnächst in Betrieb nehmen und mal sehen, was ich damit mache, zwei brauche ich nicht wirklich. Zudem hat dieses Gehäuse die Besonderheit eines zu groß gebohrten und dann mit Epoxykleber wieder verkleinerten Loches. Merke: Niemals spät Abends, wenn man schon müde ist, nur mal schnell noch.....

Das alles gehr zur Zeit aber etwas langsam vor sich, da ich derzeit mit anderen Dingen ausgelastet bin. (Neuer Arbeitgeber, lange Fahrtzeiten, weniger Zeit für die privaten Dinge)
Zuletzt geändert von chronos42 am 04 Jun 2021, 21:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Wusel
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Re: Carlson Leakage Tester

Beitrag von Wusel »

Hallo chronos42,

danke nochmals fürs Teilen der Erfahrungen damit. Denke, ich habe dadurch jetzt doch einen recht guten Einblick gewonnen, was ich von dem Teil erwarten kann. Als ich es das erste mal im Video gesehen habe, war ich eher skeptisch, ob das etwas Brauchbares für mich wäre.

Hatte ja den Gedanken, dass das Ding eben viel empfindlicher ist als die Schaltungen, wo das zu messende Bauteil drin ist. Somit funktionieren die Geräte halt einfach weiter, weil die noch gar nicht bemerkt haben, dass der Kondensator eigentlich längst Schrott ist. :-) Und dann hat es sogar noch einen Forecast Modus ...

Nun, inzwischen bin ich schlauer. Und ich werde mich wohl auf SMD Löten und Platinenbeschaffung einstellen müssen, falls ich mich dazu aufraffen kann. Denn ich bin ja schon froh, wenn ich mit dem 575 weiter komme. Und die Bumble Bees darin würde ich selbst dann entsorgen, wenn sie den Carlson- Test bestehen sollten.

Hab' mich außerdem bisher gewundert, warum das Ding eigentlich nicht längst als Raubkopier- Bausatz aus Fernost verfügbar ist. So wie es beispielsweise DL4YHF mit seinem Frequenzzähler passiert ist. Vielleicht dient ja hier die schwierige Bauteilbeschaffung gleichzeitig als Kopierschutz. :-) Nun ja, wahrscheinlicher ist wohl, dass man erst mal etwas verstehen muss, damit man es haben will - und wer will das schon.

Viele Grüße
Wusel
chronos42
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Re: Carlson Leakage Tester

Beitrag von chronos42 »

Ich denke die Chinesen könnten das daurchaus schaffen es als Massenprodukt zu vertreiben, die Kalibriewiderstände muss man ja nicht mitliefern, es genügt ein Abgleich beim Hersteller. Ich gehe aber davon aus dass es dafür keine massenhafte Nachfrage gibt, somit lohnt sich das nicht.

Ich würde mein derzeit entstehendes zweites Exemplar ja gerne gegen die Materialkosten abgeben, da ich aber nicht die Rechte an der Grundschaltung besitze weiß ich nicht, wie das urheberrechtlich aussieht.

Wenn die Bumble Bees mit dem Tester als OK eingestuft werden, dann sind sie das auch. Wenn es sich um Papierkondensatoren handelt liegt die Chance dafür aber bei ca. 0%. Es gibt aber anscheinend auch Folientypen in dieser Bauform, die können durchaus noch ok sein. Zu diesen Kondensatoren gibt es aber kompetentere Forenmitglieder, ich weiß nur, dass die Papiertypen davon mittlerweile nicht mehr brauchbar sind. Das gilt aber für alle Papierkondensatoren, egal von welchem Hersteller. Es ist dabei auch egal ob es Teerkondensatoren sind, WIMA Tropydurs oder in Epoxy vergossene Typen. Die haben so gut wie immer erhöhte Leckströme und sind auch sonst potentielle Ausfallkandidaten. Der Tester ist dennoch sehr hilfreich, denn manchmal weiß man schlichtweg nicht, um was für einen Kondensatortyp es sich handelt.
Nebenbei bemerkt: Es gibt auch keramische Typen mit erstaunlich hohen Leckströmen, welche für viele Anwendungen vollkommen ungeignet sind. Dazu gehören z.B. die typischen 100nF Abblock-Kondensatoren wie die einstmals weit verbreiteten Siemens Sibatit (?) Typen. Die sind wirklich nur zum Abblocken von Versorgungsspannungen geeignet, sonst für nichts anderes. Ich habe hier noch hunderte davon, ungebrauchte NOS Ware, die sind alle so. Das ist tatsächlich so beabsichtigt, da diese Kondensatoren auch ungewünschte Schwingungen dämpfen, und nicht Schwingkreise im Versorgungsnetz bilden sollen. Aber das wurde mir erst mal wieder so richtig bewusst, als ich die mal stichprobenweise getestet habe.
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